Veröffentlicht am: 28.06.2014

Interview GfWM

„Jeder, der sich mit Wissensmanagement beschäftigt, muss früher oder später auf die GfWM aufmerksam werden“

Interview mit Dr. Tobias Müller-Prothmann, Leiter des Geschäftsbereichs Innovationsmanagement der Pumacy Technologies AG, im GfWM-Newsletter Ausgabe November/Dezember 2008 (Gesellschaft für Wissensmanagement e. V.)

Herr Müller-Prothmann, Sie und Herr Nitschke sind bei der letzten GfWM-Mitgliederversammlung in den Vorstand des Vereins gewählt worden. Herzlichen Glückwunsch auch an Sie. Was hat Sie motiviert, zu kandidieren? Danke! Mit dem Thema Wissensmanagement beschäftige ich mich seit ziemlich genau 10 Jahren. Angefangen im Studium, damals noch bekannter unter dem Stichwort „ Lernende Organisation“, habe ich dann in meiner Doktorarbeit intensiv zur Anwendung der Sozialen Netzwerkanalyse als Methode für das Wissensmanagement geforscht und Lehrveranstaltungen an der FU Berlin dazu gegeben. Nach einem kurzen Ausflug in die Lobbyarbeit zur Innovationspolitik auf Bundesebene bin ich nun wieder direkt in meinem eigentlichen Thema. Als Geschäftsbereichsleiter bei der Pumacy Technologies AG habe ich die optimalen Voraussetzungen, um die Arbeit der GfWM gemeinsam mit allen aktiv engagierten Mitgliedern voranzutreiben.

Wie haben Sie den Verein kennen gelernt? Die Arbeit der GfWM verfolge ich fast von Anfang an. Ich war bereits in der Gründungsphase des Wissensmanagement-Stammtischs in Berlin dabei und hatte mich auch früh im IT-Team der GfWM engagiert, bis ich durch meine damalige Arbeit etwas andere Schwerpunkte setzen musste. Darüber hinaus ist die GfWM natürlich auch auf den wichtigsten Veranstaltungen und Konferenzen zum Wissensmanagement in Deutschland präsent, wie auf der KnowTech. So muss eigentlich jeder, der sich mit Wissensmanagement beschäftigt, früher oder später auf die GfWM aufmerksam werden.

Auf welche Themenschwerpunkte werden Sie sich bei Ihrer Arbeit für die GfWM konzentrieren? Der Hype zum Thema Wissensmanagement ist ja nun schon seit einiger Zeit vorbei. Der Bedarf für Wissensmanagement ist aber keineswegs geringer geworden. Ich will hier beispielsweise als Stichwort nur die Auswirkungen des demografischen Wandels nennen, der zu einem enormen Bedarf für den systematischen Wissenstransfer bei Fluktuation und Rotation von Mitarbeitern und vor allem bei deren Ausscheiden in den Ruhestand führt. Die GfWM ist daher eine ganz wichtige Institution als zentrale Wissensmanagement-Kompetenz in Deutschland. Es bedarf jedoch einer Stärkung der Wahrnehmung in Fachkreisen und der Öffentlichkeit, um wieder einen neuen Mitgliederzuwachs zu erreichen. Dazu gehört auch eine stärkere Kooperation mit anderen dem Wissensmanagement verbundenen Organisationen und zwar nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern in ganz Europa. Deshalb habe ich mir als Themenschwerpunkte für meine Vorstandstätigkeit „Kooperationen und Kontakte“ auf die Fahnen geschrieben. Gerade in diesem Bereich kann ich mich aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen sicherlich am besten einbringen.

Können Sie schon über erste konkrete Pläne und Projekte für Ihre Arbeit bei der GfWM berichten? Entsprechend der genannten Themenschwerpunkte ist einer meiner vorrangigen Pläne, die Stärkung des fachlichen Profils der GfWM als führende Wissensmanagement-Kompetenz in Deutschland voranzutreiben. Dazu gehören der Ausbau der strategischen Kooperationen mit Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sowie die bessere Verzahnung auf internationaler Ebene. Für konkrete Pläne und Projekte ist es jedoch noch etwas zu früh, da ich der aktuellen Strategieentwicklung für die GfWM nicht vorgreifen will. Denn letztendlich sollten alle konkreten Maßnahmen gut aufeinander abgestimmt sein. Zumal wir nicht vergessen dürfen, dass die GfWM ja ausschließlich durch ehrenamtliches Engagement getragen wird und daher ihre Ressourcen fokussiert dort einsetzen muss, wo der größte Erfolg zu erwarten ist.

In Ihren Publikationen fokussieren Sie auf die Aspekte Networking und soziale Kommunikation. Welche Aspekte könnten noch wichtig sein für die GfWM als Interessengemeinschaft im Bereich Wissensmanagement? Eines der aktuell wichtigsten Themen für das Wissensmanagement in der praktischen Anwendung ist der bereits erwähnte Transfer von personengebundenem Fach- und Führungswissen. Für die GfWM selbst ist das Thema Best Practices im Wissensmanagement von großer Bedeutung, um das fachliche Profil weiter zu schärfen. Daneben sehe ich noch viele weitere Aspekte. Ich empfehle einen Blick auf die GfWM-Wissenslandkarte, in der alle wichtigen Themen des Wissensmanagements und damit die für die GfWM relevanten Bereiche als Interessengemeinschaft aufgeführt sind.

Herr Müller-Prothmann, Sie arbeiten für ein Unternehmen, das Lösungen im Bereich Wissensmanagement für Firmen aus den unterschiedlichsten Sektoren anbietet. Wie setzen Sie Wissensmanagement in Ihrer täglichen Arbeit um? Pumacy kommt vor allem aus der Anwendung von Wissensmanagement für die Luftfahrt-, Automobil- und Pharmaindustrie. Unsere Kunden sind damit vorrangig Großunternehmen. Die Umsetzung bei uns selbst, also in einem eher kleinen Unternehmen mit derzeit knapp 50 Mitarbeitern, ist daher nicht eins zu eins übertragbar. Unsere oberste Devise ist jedoch, die Lösungen, die wir dem Kunden anbieten, auch selbst zu nutzen. So ist jeder einzelne Mitarbeiter zumindest im Ansatz mit unserem gesamten Lösungs-Portfolio vertraut und wir wissen, ob unsere Methoden funktionieren, was sie bringen und wie wir sie verbessern können. Dazu gehört bei mir in der täglichen Arbeit beispielsweise die Dokumentation von Projekterfahrungen durch Lessons Learnt oder die Weitergabe von Wissen zu speziellen Themen durch How-to’s in unserer webbasierten Wissensmanagement-Plattform KMmaster. Als Anfang des Jahres ein Team-Mitglied unser Unternehmen verlassen hat, habe ich ganz besonders unsere eigene Methode für den systemtischen Wissenstransfer schätzen gelernt. So konnte ich mit recht geringem Aufwand das wertvolle Fach- und Erfahrungswissen für mein Team sichern.

Welche Trends beobachten Sie zur Zeit beim Umgang mit Wissen? Die Trends im Wissensmanagement schwanken immer zwischen einer Fokussierung auf die „weichen“ Themen, also vor allem auf Methoden, die Menschen und Prozesse in den Mittelpunkt stellen, und auf die IT-getriebenen Themen wie beispielsweise Wissensdatenbanken und diverse Intranet-Anwendungen. Mit der Nutzung von Web 2.0-Technologien wie Wikis, Blogs, etc., haben zuletzt wieder IT-Themen im Wissensmanagement an Bedeutung gewonnen und als Anwendungen in den Unternehmen Einzug gehalten. Da die Nutzung dieser Technologien, die ja auch als „social media“, „social web“ oder „social software“ bezeichnet werden, aber ganz stark von Menschen getrieben ist, ist der derzeit wichtigste Trend vielleicht der Weg zu einer sinnvollen, sich ergänzenden Kombination von IT- und Nicht-IT-Lösungen für das Wissensmanagement.

Abschließend noch zwei Fragen: In Punkto Wissensmanagement – worüber haben Sie sich zuletzt geärgert? Nicht nur zuletzt, sondern immer wieder ärgere ich mich darüber, dass Wissensmanagement immer noch so erklärungsbedürftig ist, obwohl nach einer kurzen Erläuterung eigentlich jeder leicht versteht, worum es geht, und auch den persönlichen Nutzen sehr schnell sieht. Für die GfWM ist es daher weiterhin eine der größten Herausforderungen, die Wahrnehmung des Themas Wissensmanagement in der Breite massiv weiter zu stärken.

Und was hat Sie in der letzten Zeit besonders gefreut? Besonders gefreut habe ich mich über die Wahl zum Vorstand und das mir von den Mitgliedern damit entgegengebrachte Vertrauen, die GfWM gemeinsam mit allen Aktiven in den nächsten zwei Jahren ein gutes Stück weit voranzubringen!

Herr Müller-Prothmann, ich bedanke mich für Ihre Antworten.

Das Interview führte Stefan Zillich, Redaktion des GfWM-Newsletters.

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